© HkD. Das Atrium der Kunsthalle Emden als Gottesdienstraum

Emder Kunstgottesdienst

Kunst erleben – Glauben erleben

Mit der Ausstellung "Neuland“ (14.09.2013 - 19.01.2014) ging die Kunsthalle Emden auf Entdeckungstour. Sie entführte die Besuchenden in neue Welten, bereiste das Universum, träumte von unerreichbaren Orten ... Entdeckungen machen – das ist auch Ansporn des Kunstgottesdienstes! Bereits zum zweiten Mal gestalteten die Kunsthalle und die Ev.-luth. Martin-Luther-Gemeinde einen Kunstgottesdienst, dieses Mal unter dem Motto "Gelobtes Land?“.

Ein Gottesdienst im Kunstwerk

 

Der Gottesdienst wurde inmitten eines Kunstwerkes gefeiert. Blau leuchtend umgab eine Installation von Hiroyuki Masuyama die Kunstgottesdienstgemeinde: der Erdball als Horizont, eine fotografische Weltreise.

 

Nach einem kurzen Auftakt in dieser stimmungsvollen Atmosphäre nahmen die Besuchenden an einem Workshop teil. Die traditionelle Rede vom „gelobten Land“ wurde daraufhin befragt, was sie heute noch für den Einzelnen bedeutet. „Wo ist Ihr gelobtes Land? Wie sieht es aus? Wie kommt man dorthin? Sind Sie vielleicht schon mittendrin?“

In Auseinandersetzung mit der Ausstellung "Neuland“ konnten die Teilnehmenden mit einfachen künstlerischen Mitteln eigene Ideen zum Thema des Gottesdienstes entwickeln, in dem sie diese vorstellten. Unter anderem wurden während des Workshops Aussagen der Teilnehmenden auf Tonband aufgezeichnet und im Gottesdienst abgespielt. Das machte diesen zu einem mehrstimmigen Ereignis: keine Predigt nur „von vorn“, sondern auch „aus der Mitte“ der Gemeinde. Das biblische Motiv des „gelobten Landes“ wurde konkret, lebensnah und persönlich ins Gespräch gebracht.

Ein neues Format: Der Kunstgottesdienst mit Workshop

Initiiert wurde diese Gottesdienstreihe von Dr. Simone Liedtke, Theologische Mitarbeiterin im Arbeitsfeld Kunst und Kultur des Hauses kirchlicher Dienste in Hannover.
Claudia Ohmert, Leiterin der Museumspädagogik der Kunsthalle Emden, unterstützte mit ihrem Team die Planung und Durchführung der Veranstaltungen.
Der dritte Kooperationspartner war die Ev.-luth. Martin-Luther-Gemeinde Emden, deren Mitarbeitende sich ebenfalls für die Realisation dieser neuen Gottesdienstform im „zweiten Programm“ engagieren.

Das Emder Kunstgottesdienstmodell

Der Dialog von theologischer Denklust, gefühlsgetragener Spiritualität und spielerischer Kunstvermittlung ist das besondere Kennzeichen des „Emder Kunstgottesdienstmodells“.

Immer steht der Gottesdienst unter einem bestimmten Motto, welches das Thema der aktuellen Ausstellung aufnimmt und mit Hinblick auf christliche Glaubensinhalte variiert.


Dabei werden etablierte Begriffe, Wendungen oder Motive der jüdisch-christlichen Tradition aufgenommen (Kind Gottes, Gelobtes Land etc.) und auf ihre aktuelle Bedeutsamkeit befragt: „Was sagt mir das heute? Was verstehe ich darunter? Was bedeutet es mir persönlich?“
Mit einem aus der biblischen Überlieferung stammenden Impuls gehen die Mitglieder der Gottesdienstgemeinde in einen Workshop, in dem sie anhand ausgewählter Methoden in Auseinandersetzung mit den ausgestellten Exponaten ihre eigenen Standpunkte zum Thema erkunden und zum Ausdruck bringen. Es stehen jeweils mindestens zwei methodische Alternativen zur Verfügung.

Im Gottesdienst öffnet sich die Predigt zu einem Gemeindeplenum, in dem die Ergebnisse des Workshops vorgestellt werden können. Die Beiträge bleiben unkommentiert und dürfen für sich stehen: Meinungsäußerungen, Fragen, Zweifel, Kritik … Alles hat hier Platz.

Ein letzter Predigtteil schließt diese mehrstimmige Verkündigung, ohne die einzelnen Aussagen zu bewerten oder inhaltlich auf einen einheitlichen Kurs bringen zu wollen. Sie werden in ihrer Vielfalt respektiert, indem das Fürbittengebet einzelne Beiträge zitiert und sie in ihrer Offenheit und Divergenz vor Gott bringt. Im den Gottesdienst beschließenden Segen schließlich ist das Vertrauen auf die alle Widersprüche in sich versöhnende Macht Gottes ausgesprochen, so dass es sich der Gottesdienst erlauben kann, Widerstände nicht nur nicht zu glätten oder zu fürchten, sondern sogar zu provozieren - damit ein ehrlicher Diskurs über die Verbindung von Glaubensinhalten und Lebensalltag entsteht, dessen Anfragen die Gottesdienstbesucher auch noch mit sich tragen und in sich arbeiten lassen, wenn sie die Kunsthalle längst wieder verlassen haben.

Die Gottesdienstreihe

Auch in Zukunft wollen Kunsthalle und Martin-Luther-Gemeinde unter der Leitung von Dr. Simone Liedtke in loser Folge Kunstgottesdienste mit Workshop anbieten, in denen Lebensthemen, christliche Inhalte und künstlerische Weltansichten zu einem Dialog geführt werden, der es Interessierten ermöglicht, auf kreative Weise eigene Erfahrungen, Standpunkte und Anfragen „mit Herzen, Mund und Händen“ einzubringen, wie es der Titel dieser Gottesdienstreihe nach einem alten Kirchenlied verspricht, das am Ende jedes Emder Kunstgottesdienstes wie eine „Titelmusik“ erklingt.