Das Emder Kunstgottesdienstmodell
Der Dialog von theologischer Denklust, gefühlsgetragener Spiritualität und spielerischer Kunstvermittlung ist das besondere Kennzeichen des „Emder Kunstgottesdienstmodells“.
Immer steht der Gottesdienst unter einem bestimmten Motto, welches das Thema der aktuellen Ausstellung aufnimmt und mit Hinblick auf christliche Glaubensinhalte variiert.
Dabei werden etablierte Begriffe, Wendungen oder Motive der jüdisch-christlichen Tradition aufgenommen (Kind Gottes, Gelobtes Land etc.) und auf ihre aktuelle Bedeutsamkeit befragt: „Was sagt mir das heute? Was verstehe ich darunter? Was bedeutet es mir persönlich?“
Mit einem aus der biblischen Überlieferung stammenden Impuls gehen die Mitglieder der Gottesdienstgemeinde in einen Workshop, in dem sie anhand ausgewählter Methoden in Auseinandersetzung mit den ausgestellten Exponaten ihre eigenen Standpunkte zum Thema erkunden und zum Ausdruck bringen. Es stehen jeweils mindestens zwei methodische Alternativen zur Verfügung.
Im Gottesdienst öffnet sich die Predigt zu einem Gemeindeplenum, in dem die Ergebnisse des Workshops vorgestellt werden können. Die Beiträge bleiben unkommentiert und dürfen für sich stehen: Meinungsäußerungen, Fragen, Zweifel, Kritik … Alles hat hier Platz.
Ein letzter Predigtteil schließt diese mehrstimmige Verkündigung, ohne die einzelnen Aussagen zu bewerten oder inhaltlich auf einen einheitlichen Kurs bringen zu wollen. Sie werden in ihrer Vielfalt respektiert, indem das Fürbittengebet einzelne Beiträge zitiert und sie in ihrer Offenheit und Divergenz vor Gott bringt. Im den Gottesdienst beschließenden Segen schließlich ist das Vertrauen auf die alle Widersprüche in sich versöhnende Macht Gottes ausgesprochen, so dass es sich der Gottesdienst erlauben kann, Widerstände nicht nur nicht zu glätten oder zu fürchten, sondern sogar zu provozieren - damit ein ehrlicher Diskurs über die Verbindung von Glaubensinhalten und Lebensalltag entsteht, dessen Anfragen die Gottesdienstbesucher auch noch mit sich tragen und in sich arbeiten lassen, wenn sie die Kunsthalle längst wieder verlassen haben.