© Hermann Buß. Detailansicht, Gemälde 1 des Loccumer Zyklus

Hermann Buß in Loccum

Ein Tipp, verfasst von Dr. Michelle Macaulay, Kunsthistorikerin

Das Kloster Loccum wurde im Dezember 2012 um den vierteiligen Bilderzyklus des ostfriesischen Malers Hermann Buß (geboren 1951) bereichert. Anlässlich des 850. Jubiläums fertigte der Künstler die großformatigen Gemälde eigens für die dortige Johanniskapelle an.

Der vierteilige Bilderzyklus

Dargestellt sind zeitgenössische Szenen mit regionalem Bezug.
Das erste Werk zeigt einen jungen Mann in Rückansicht, der seine Stirn an eine Betonwand lehnt, die wiederum teilweise einen Eingang zum Kloster verdeckt. Ganz in der Tradition Caspar David Friedrichs schafft Buß mit der Rückenfigur eine Identifikationsmöglichkeit für den Betrachter. Die Geste könnte Verzweiflung ausdrücken, die Mauer, dass er seine Schwierigkeiten nicht zu überwinden vermag.
Wie auch schon in vorigen Werken des Künstlers sind im Boden, der an die Nordsee bei Ebbe erinnert, Linien zu sehen, vielleicht ein Zeichen für den Lebensweg. Alle Linien führen zum Kloster hinein.

Surrealistische Elemente

Der Protagonist des zweiten Gemäldes ist wiederum ein junger Mann.
Er geht in eine karge Winterlandschaft hinaus, seine in den Vordergrund hineinführenden Fußstapfen weisen auf die Vergangenheit, sein Weg liegt vor ihm. Rechts im Vordergrund befinden sich moderne Stühle und Tische, die surreal anmutend in der Landschaft stehen.
Das Bild im Bild links neben dem Mann könnte ein Hinweis auf eine frühere Szene aus dessen Leben sein und zeigt einen Demonstranten, der weggetragen wird. Eventuell ein Grund für den Fußgänger, die Einsamkeit und den Schutz einer Burg bzw. eines Klosters zu suchen.

Einsamkeit als Leitmotiv

Das dritte Werk zeigt ebenfalls eine männliche Figur mit Kapuze.
Sie steht vor der Loccumer Klosterkirche auf der Friedhofsseite. Vor ihr bewegt sich eine Menschengruppe in Richtung Ausgang.
Das Thema Einsamkeit im Gegensatz zur Geborgenheit in der Gruppe ist häufig in Buß' Werken zu finden. Auch hier sind im Schnee Fußspuren sichtbar, die auf mögliche Lebenswege hinweisen.
Der junge Mann scheint unschlüssig, welchen Pfad er einschlagen soll: Der Masse folgen oder sich individuell weiterbewegen?

Magischer Realismus mit regionalem Bezug

Der Loccumer Zyklus steht somit ganz in der Tradition anderer Bußwerke. Leitmotive wie die Nordsee mit grauem Himmel, Winterszenen, Wegspuren, Kreuze und zeitgenössisch gekleidete Menschen sind dargestellt, dazu Motive der Klosterumgebung selbst, wie die Ruine der Luccaburg, der Sandstein der Stiftskirche und die Klostermauern. Auch stilistisch blieb der Künstler sich treu: Bereits seine früheren Werke im Auftrag der Kirche, wie z. B. das Altarbild auf Langeoog (1990) oder die Bilder für den Kanzelkorb in Oldenstadt (2006), sind in realistischer, teils surrealistischer Manier mit überwiegend gedeckten Farben ausgeführt. Die zeitgenössischen Szenen in bekannter Umgebung bewirken, dass sich der Betrachter gut in das Bild hineinversetzen kann. Das Interessante an Buß' Werken ist jedoch immer das teils Rätselhafte seiner Darstellungen.

Zusatztipp

Abgesehen vom Kloster Loccum lohnt sich auch ein Besuch der im Bilderzyklus zu sehenden Luccaburg, ca. ein Kilometer südlich des Klosters.

Zur Luccaburg

Gemälde 4

Das vierte Gemälde zeigt die Luccaburg aus dem 8. Jahrhundert, die Namensgeberin für das Kloster Loccum war. Das Fragment der Burganlage verlagerte Buß ins Meer, was wiederum einen surrealen Eindruck hervorruft. Die Burg könnte ein Symbol für den sprichwörtlichen „Fels in der Brandung“ sein. Ein Schutzort in stürmischen Zeiten, wenngleich sie wenig einladend wirkt. Die floßähnliche Betonwand im Vordergrund mit den kreuzförmigen Paddeln ist leer, das letzte Bild des Zyklus kommt ohne Menschen aus.
Wir als Betrachter können uns selbst als Treibende auf diesem Floß vorstellen, als Schutz- oder Antwortsuchende.